Kennst du das auch? Die Angst vor dem nächsten Beitrag … Besser gesagt vor dessen Veröffentlichung. Ich habe sie jedes Mal.
Hier sind die Gedanken, die ich mir darüber gemacht habe.
Je näher meine Hand den Mauszeiger in Richtung des Veröffentlichen-Buttons rückt, desto unsicherer werde ich. Soll ich das jetzt wirklich machen? Taugt der Beitrag überhaupt? Ich hab doch bestimmt etwas vergessen. Ich sollte wohl besser noch mal drübergehen. Oder einen anderen Post vorziehen.
Ach, hätte ich doch etwas Harmloseres geschrieben … Eine niedliche Linkliste zusammengeklöppelt, da hätte ganz bestimmt niemand etwas zu kritisieren …
Zögern als Chance
Routine scheint eine Möglichkeit zu sein, mit dem Problem umzugehen. Aber Routine reicht nicht. Ich kann noch so viel geschrieben und publiziert haben, es bessert sich einfach nichts. Vielleicht ist – wenn mir der blaue Button keine Überwindung mehr abfordert – der Tag gekommen, das Bloggen an den Nagel zu hängen. Denn wenn es einem schnuppe ist, dann schreibt man vielleicht auch so – scheißegal nämlich.
Übrigens gibt es ein WordPress Plugin. Es heißt Pre-Publish Post Checklist und arbeitet mit einer Liste, die du selbst anlegen kannst. Siehe Geniale WordPress Plugins, die kaum jemand kennt. Dort trägst du die Dinge ein, die du bevorzugt vergisst. Meist sind das allerlei Kleinigkeiten, die man auch hinterher noch ändern kann. Das Plugin löst die eigentliche Misere zwar nicht, aber hilft schon mal.
Es ist wie mit dem Lampenfieber. Es heißt, ein Schauspieler brauche das, wenn er gut sein will. Es gehört auch die Angst zum Leben 😱 😱 😱. Da ist es nur natürlich, sich zu fürchten. Das hält wach. Schärft die Sinne. Und tut manchmal weh.
Das Zögern vor dem letzten Schritt ist also etwas Normales. Es ist uns die Chance noch einmal innezuhalten und nachzudenken. Das Gefühl mag ausgeprägter sein, wenn es um etwas Persönliches geht. Wenn es Fotos und Wahrheiten enthält. Wenn Herzblut drin steckt. Wenn einem etwas wichtig ist, ist die Unsicherheit am größten.
Gelegentlich braucht ein Post eine Reifezeit – auch dieses. Ich habe letztlich drei Wochen bis zur Veröffentlichung gebraucht. Ich hab es mir immer wieder vorgenommen, es umgeschrieben, erweitert und gekürzt und geändert, bis es dann vielleicht hoffentlich passt. Doch perfekt ist es nie. Je früher man sich das eingestehen kann, desto eher kann der finale Klick erfolgen.
Auch Zweifel sind Reichtümer. Sie zeigen, dass jemand aus verschiedenen Richtungen denken kann. Meine üblichen Bedenken hatte ich schon, als ich mit diesem Text begann. Mir schien das Thema nicht genug herzugeben. Was könnte ich schon darüber schreiben? Was macht man in solchen Fällen? Einfach loslegen natürlich. Und gucken, was man hinbekommt, man hervorzaubern kann. Und wie so oft, steckt mehr in einem drin als gedacht. Der menschliche Geist ist eine Tiefsee.
Trolle haben es gut, sie können im Schutz der Anonymität ihrem dunklen Hobby frönen. Unsereins steht mit vollem Namen ein. Das macht schon mal zögern. Aber an irgendeiner Stelle muss man ins Risiko gehen und es dann einfach machen. Siehe auch: Besser Bloggen (Tipp Nr. 2) Nimm dir etwas heraus – Blogge mutiger und anders
Wovor habe ich eigentlich Angst?
Zuerst vor den Reaktionen der Leser. Ich könnte mit meinen Ansichten und Zeilen in deinen Augen grob danebenliegen und mir heftig Kontra abholen. Ja, ich könnte abgelehnt werden. Aber niemand möchte abgelehnt werden. Gerade dann, wenn man ein bisschen was riskiert. Sei es thematisch, argumentativ, emotional oder im Ausdruck.
Tatsächlich passiert es weniger häufiger als befürchtet. Glücklicherweise, denn andersrum wäre auch schlimm.
Manchmal fürchte ich mich davor, dich zu verprellen. Ein neues Stück könnte falsch verstanden werden. Du könntest ein Posting in den falschen Hals kriegen und dann in den Kommentaren ablästern. Und jeder sähe das. Es ist öffentlich und bleibt auch da. Zensur habe ich mir verboten.
An dieser Stelle kommt die Schere im Kopf zum Einsatz. Man überlegt sich vorher ob man etwas so schreiben will oder überhaupt darf. Bestimmt wird manch ein Thema begraben, weil man zuviel Angst davor hat. Schade, vielleicht wäre ein grandioses Posting herausgekommen.
Nimmt man mir dieses Thema ab oder lass ich’s gleich ganz? Darf ich bestimmte Ausdrücke verwenden, mit denen ich mich möglicherweise in eine ungünstige politische Ecke bugsiere ohne dorthin zu wollen? So etwas geht heute schneller als gedacht. Darf ich fluchen und dreckig daherreden? Das schreibt mir keiner vor. Aber wie ist das eigentlich mit dem Jugendschutz? Kommen mir dann erboste Mütter nach?
Kritik tut weh, aber macht sie uns zu besseren Bloggern?
Angst vor Pannen dürften manche Blogger haben. Das geht schon los mit der Rechtschreibung. Da draußen hocken Kreaturen, die warten nur darauf ein unschuldiges Blog mit winzigen Fehlern in die Finger zu kriegen, um in einem brutalen Akt der Verwüstung gnadenlos darüber herzufallen.
Man könnte Fakten verwechselt haben, sich mangelnder Recherche schuldig machen, Links vertauscht oder Bilder verbummelt haben. Oder versehentlich Teile des Textes gelöscht – wie dumm ist das denn? – oder Notizen zum eigenen Gebrauch dringelassen haben. So in der Art. Vielleicht kennst du das …
Perfektion ist nicht gefragt
Wie genau muss man arbeiten, damit etwas gut ist? Alles dreimal durchgucken oder dreizehnmal? Und es reicht doch nicht. Mit ein paar Fehlern muss man halt leben. Blogs werden geschätzt, weil sie eben nicht perfekt sind.
Man will authentisch sein und fragt sich, wie das geht.
Ich will es gewagter formulieren und behaupte: Ist dein Blog zu glatt und zu gut, dann müsstest du absichtlich eine Portion Unordnung reinbringen. Absolut akkurat aufgeräumte Wohnungen sind schließlich auch langweilig. In denen mag niemand wohnen. Die sind für skandinavische Möbelkataloge gedacht. Da müsste man mal mit dreckigen Schuhen durch …
Man darf und sollte Ansprüche an sich selbst stellen. Das finde ich richtig. Aber übertreibe es bloß nicht damit. Wer von sich selbst Perfektion verlangt, wird wahrscheinlich nicht weit kommen und daran scheitern. Oder nie Spass haben.
Aber nicht jedem ergeht es so. Hier und da ist das Publizieren Routine. Anderswo ist es einfach eine technische Sache, bei der nicht viel schief gehen kann, weil man eh nichts riskiert, da man nur Bekanntes aufkocht oder trockene Fakten verarbeitet.
Dann gibt es da noch die coolen Typen, denen das alles nichts ausmacht: Smarte Marketing Checker, ledrige Blog Cowboys oder schnöselige Bloggerbitches mit einem Glas Schampus in der Hand, die nicht tippt – Ach, keine Ahnung, ich kenne von denen niemanden.
Was tut man dagegen?
Gar nichts. Leben wir damit! Weil das so ist, denke ich, dass jeder, der sich traut auf „Veröffentlichen“ zu klicken, letztlich ein mutiger Mensch ist. Jeder, der sich durchringen kann, der Welt etwas mitzuteilen und damit etwas von sich preisgibt, hat Respekt verdient. Blogger sind mutige Blogger, wenn sie sich trauen.
Und mancher Text bleibt besser für immer verborgen.
Dieser Beitrag nimmt Teil an der Blogparade Sei Unperfekt von Jutta Held.
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